Die Fachstelle Einwanderung und Integration analysiert regelmäßig, in welchem Ausmaß sich die Lohnstrukturen in Deutschland entlang der Dimensionen Geschlecht und Migrationsgeschichte unterscheiden und wie sich diese Unterschiede durch verschiedene analytische Schritte erklären lassen. Siehe hierzu die Beiträge "Migrant (Gender) Pay Day
Bis wann arbeiten Migrant*innen „umsonst“? (März 2025) „Der Migrant-Gender-Pay-Gap: Sind die Gehälter niedrig, trifft es alle?“ (Juli 2022) und "Ungleiche Bezahlung in Engpassberufen" (Januar 2024).
In einer neuen Studie mit dem Titel „Die Entlohnung in ungleichen Welten“ untersucht die Fachstelle, wie sich Löhne nach Geschlecht, Migrationsgeschichte und Elternschaft unterscheiden – und belegt, wie tief verwurzelt Ungleichheit auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist.
Was ist neu an der Studie?
Erstmals rückt nicht der Monatslohn von Vollzeitbeschäftigten, sondern der Stundenlohn aller Beschäftigungsformen in den Fokus. Das heißt: Teilzeit, Minijobs und Vollzeit werden gemeinsam betrachtet. Gerade die oft unsichtbare Lohnrealität von Frauen wird so besser abgebildet. Zudem wird Migrationsgeschichte differenziert erfasst – nach eigener oder familiärer Migration und nach Geburtsland, nicht nur nach Staatsangehörigkeit.
Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick
- Frauen mit Migrationsgeschichte verdienen am wenigsten. Der unbereinigte Migrant-Gender-Pay-Gap liegt bei 26,3 % – deutlich höher als bei allen anderen Gruppen.
- Bei Männern mit Migrationsgeschichte verschwindet der Lohnnachteil, sobald Bildung, Qualifikation und Beruf berücksichtigt werden. Ihr Lohnrückstand erklärt sich vor allem dadurch, wo sie arbeiten (horizontale Segregation).
- Bei Frauen bleibt die Benachteiligung bestehen, selbst bei vergleichbaren Tätigkeiten. Frauen mit Migrationsgeschichte verdienen auch bereinigt noch 17,5 % weniger als die Referenzgruppe.
- Besonders betroffen sind Frauen aus Hauptasylherkunftsländern: Ihr Lohnrückstand beträgt rund 36 %.
- Mütter mit Migrationsgeschichte zahlen doppelt: Der sogenannte Child Penalty liegt bei ihnen bei 18,6 % – höher als bei allen anderen Gruppen.
Was bedeutet das?
Die Studie zeigt klar: Es geht nicht nur um Qualifikation oder Berufswahl. Frauen mit Migrationsgeschichte stoßen auf doppelte strukturelle Barrieren – als Frauen und als Migrantinnen. Diskriminierung, fehlende Anerkennung von Abschlüssen und ungleiche Bezahlung wirken zusammen und verstärken sich gegenseitig.
Warum das arbeitsmarktpolitisch relevant ist
Die Autor*innen plädieren für eine intersektionale Arbeitsmarktpolitik, die Ungleichheit auf mehreren Ebenen angeht:
- bessere Anerkennung ausländischer Abschlüsse,
- konsequenter Schutz vor Diskriminierung,
- mehr Entgelttransparenz und gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit,
- gezielte Ansprache und Sensibilisierung von Arbeitgebern.
Klar ist: Wer über Fachkräftesicherung spricht, muss auch über faire Löhne und gleiche Chancen sprechen. Denn solange Frauen mit Migrationsgeschichte systematisch schlechter bezahlt werden, bleibt ein großes Potenzial ungenutzt.



